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Was versteht man unter der Treuepflicht des Arbeitnehmers?


Im Arbeitsverhältnis geht es nicht nur um den Austausch von Arbeit gegen Lohn. Es entsteht ein besonderes Vertrauensverhältnis. Daraus resultieren zahlreiche gegenseitige gesetzliche Pflichten. So schulden Angestellte ihrem Arbeitgeber ein allgemein redliches und loyales Verhalten. Sie haben einerseits die Pflicht zu aktivem Handeln im Interesse des Arbeitgebers, anderseits müssen sie alles unterlassen, was dem Arbeitgeber Schaden zufügen könnte. Gegenstück zu diesen Arbeitnehmerpflichten ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.


Welche Arbeitnehmerpflichten sind im Gesetz geregelt?

Massgebend sind die Art. 321 bis 321d des Obligationenrechts (OR). Vertraglich kann die Treuepflicht ergänzt oder konkretisiert werden. Dabei gilt: Je höher die Stellung einer Mitarbeiterin im Betrieb, desto ausgeprägter ist ihre Treuepflicht. Gesetzlich geregelt sind namentlich folgende Pflichten:


Persönliche Arbeitspflicht

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die vertraglich übernommenen Pflichten in eigener Person verrichten. Sie dürfen ohne Einverständnis des Arbeitgebers keine Hilfspersonen beiziehen oder Arbeiten auslagern. Umgekehrt sind sie aber auch nicht verpflichtet, bei Arbeitsunfähigkeit oder während der Ferien für eine Stellvertretung zu sorgen.


Sorgfaltspflicht

Geräte, Fahrzeuge und Maschinen sind sachgerecht zu bedienen, Materialien sorgfältig zu behandeln. Angestellte müssen zur Verhinderung bzw. Beseitigung von Problemen und Störungen aller Art beitragen. Falls durch die Verletzung von Sorgfaltspflichten Schäden entstehen, können Arbeitnehmende je nach den Umständen haftbar gemacht werden.


Verbot, den Arbeitgeber zu konkurrenzieren

Es ist nicht verboten, mehr als einen Job zu haben. Zweit- und Nebenjobs dürfen den anderen Arbeitgebern aber keinen Schaden zufügen und dürfen sie vor allem nicht konkurrenzieren. Eine Treuepflichtverletzung kann auch dann vorliegen, wenn eine Nebentätigkeit die Mitarbeiterin so beansprucht, dass sie am angestammten Arbeitsplatz keine volle Leistung mehr bringt.


Geheimhaltepflicht

«Geheim zu haltende Tatsachen wie namentlich Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse» dürfen Angestellte während der Dauer des Arbeitsverhältnisses weder weiterverbreiten noch für sich selbst nutzen. Dazu gehören Forschungsergebnisse, Kundendaten, Produktionsverfahren, Preis- und Marketingstrategien etc., aber auch sonstige Informationen, die der Arbeitgeber zu Recht vertraulich behandeln will (zum Beispiel vorübergehende Lieferprobleme). «Geheim» heisst, dass die Informationen nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und nicht einfach gegoogelt werden können.

Nach dem Austritt aus der Firma gilt die Verschwiegenheitspflicht weiter, «soweit es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist».


Rechenschafts- und Herausgabepflicht

Was Angestellte im Rahmen ihrer vertraglichen Arbeit von Dritten, zum Beispiel von Kunden, entgegennehmen, müssen sie dem Arbeitgeber unaufgefordert herausgeben – etwa Waren, Akten, Geldbeträge. Ein Arbeitnehmer kann sich der Veruntreuung schuldig machen, wenn er Geldbeträge zurückhält. Ausgenommen sind Trinkgelder, die für den Angestellten persönlich bestimmt sind.


Pflicht, Überstunden zu leisten

Angestellte sind verpflichtet, über die vertragliche Arbeitszeit hinaus, Mehrarbeit zu leisten – und zwar immer dann, wenn dies notwendig und zumutbar ist (siehe auch «Überstunden, Überzeit»).


Pflicht, Anordnungen und Weisungen zu befolgen

Arbeitgeber haben das Recht, Weisungen zu erlassen «über die Ausführung der Arbeit und das Verhalten der Arbeitnehmer». Die Angestellten müssen diese Anordnungen und Weisungen «nach Treu und Glauben befolgen» (weitere Informationen unter «Weisungsrecht des Arbeitgebers»).


Was gilt, wenn die Treuepflicht verletzt wird?

Gesetzlich sind die Folgen eines Treuebruchs nicht geregelt. Mögliche Sanktionen sind: Verwarnung, Kündigungsandrohung, normale Kündigung oder fristlose Entlassung. Auch eine Schadenersatzforderung oder die Kürzung oder Streichung eines Bonus sind denkbar, in schwerwiegenden Fällen ein Strafverfahren. Im Streitfall entscheidet der Richter unter Würdigung der jeweiligen Umstände. Achtung: Die Treuepflicht ist nicht grenzenlos. Die Persönlichkeitsrechte der Angestellten, etwa das Recht auf freie Meinungsäusserung, das Privatleben sowie die Gesundheit der Arbeitnehmenden dürfen nicht verletzt werden. Schikanöse Anordnungen, kurzfristige Einschränkungen der vertraglichen Rechte oder gesundheitsschädlichen Stress müssen Angestellte nicht akzeptieren.