Gryps besucht innova­tive KMU – Teil 2: Mit Virtual Reality das Heim­kino visualisieren

«Technologie ist dazu da, unser Leben zu ver­bessern», sagt Mike Boch, Gründer von IntelliHOME. Wie seine Firma die virtuelle Reali­tät für sich ent­deckte, hat er Gryps bei einem Besuch im VR-Kino erklärt.

Hier ver­schmelzen Realitäten: Kundinnen und Kunden von IntelliHOME können ihr Heim­kino mittels VR-Brille visuali­sieren, bevor es um­gesetzt wird. (Bild: IntelliHOME)

Ich stehe allein in einem Kino mit 16 Sitzen, vor mir eine riesige Lein­wand, hinter mir eine Bar. Der Raum ist dunkel, die Beleuchtung diskret. Ver­schiedene Pfeile zeigen mir für jeden Sitz, wie gut die Sicht auf die Lein­wand ist. Grün heisst: freie Sicht – Rot heisst: Hinder­nis im Weg. Ich kann die Lein­wand ver­grössern oder um­platzieren, ich kann die Sitze ver­schieben, das Licht dimmen oder die Farbe der Wand ver­ändern. Ich kann das Kino so ein­richten, wie es mir beliebt.

Eigentlich, Sie haben es viel­leicht schon geahnt, befinde ich mich gar nicht in einem echten Kino, sondern in der vir­tuellen Ver­sion eines Kinos. In Wirk­lich­keit stehe ich mit einer VR-Brille auf dem Kopf im Show­room von IntelliHOME im Baarer Industrie­quartier. Ich teste die An­wendung «Heimkino 3D VR Design», die das KMU eigens hat ent­wickeln lassen.

Das Heimkino Stück für Stück ent­werfen

Die Kundinnen und Kunden können in dieser vir­tuellen Welt ihr Heim­kino Stück für Stück ent­werfen, testen und ein­richten – bis auf die letzten Details. Die Ex­perten von IntelliHOME sind als Avatare zu­geschaltet und beraten «vor Ort». Änderungen sind je­weils sofort sicht­bar und auch die gra­fische Quali­tät ist überraschend gut.

IntelliHOME ist eines der ersten KMU in der Schweiz, das eine solche VR-Anwendung erfolg­reich ein­setzt. «Es handelt sich dabei übrigens um die­selbe Techno­logie, wie sie bei­spiels­weise auch im Flug­zeug­bau ver­wendet wird», erklärt mir Mike Boch, Gründer und Geschäfts­führer. «Früher haben wir Pläne ge­zeichnet, manuell oder digital, so detail­liert wie nur möglich. Und trotz­dem kam es dann im Bau zu Ab­wei­chungen und Ver­zögerungen. Jetzt können wir das Heim­kino exakt visuali­sieren und die Daten dann an die Bau­herren weitergeben.»

 «Genial, nicht?» – Mike Boch, Tech-Aficionado. (Bild: zvg)

Die Abstände zwischen den Sitzen, die Grösse der Lein­wand, die Höhe der Lehne, die Blick­winkel für jede Körpergrösse, und so weiter und so fort – alles lässt sich virtuell so auf­bereiten, dass es in echt dann fehler­frei um­gesetzt werden kann. Beträgt der Ab­stand von der Lein­wand zur Decke im VR-Kino 25 cm, dann sind es letzt­lich auch beim Kunden 25 cm. «Genial, nicht?», fragt Boch und lächelt.

Premium-Service von «Tech-Aficionados»

Wie kam es dazu? «Wir haben ein Premium-Produkt im höheren Preis­segment», bringt Boch das Geschäfts­modell von IntelliHOME auf den Punkt. «Und diese Kunden­gruppe ver­langt zu Recht, dass wir höchste An­sprüche an unsere Arbeit stellen und einen Premium-Kunden­service bieten.»

«Mit solchen Anwendungen leben wir Inno­vation und Exklusivi­tät vor, anstatt nur davon zu reden.»Mike Boch, Gründer von IntelliHOME

Die Idee, Heimkino-Projekte in der virtu­ellen Welt zu visuali­sieren, ent­stand schon 2017: «Wir sind Tech-Aficionados», sagt Boch. Wir sind alle sehr inte­ressiert an Techno­logie und sowieso bei vielen Ent­wick­lungen vorn mit dabei, auch, weil wir im Kern­geschäft Smart-Home-Systeme ver­treiben.» IntelliHOME könne so nicht nur ein ausser­gewöhn­liches Kunden­erlebnis bieten, son­dern sich auch als smartes Tech-Unter­nehmen positio­nieren: «Mit solchen An­wendungen leben wir Innova­tion und Exklusivi­tät vor, anstatt nur davon zu reden.»

Mit dem Metaverse hat das nichts zu tun

Wer virtuelle Realität, kurz VR, hört, der denkt automa­tisch an das Hypewort Metaverse. Doch mit dem Metaverse, jener Utopie einer ganz­heit­lichen, ver­netzten, vir­tuellen Super­welt, hat das wenig zu tun. Das eigent­liche Meta­verse, wie es in Zukunft funktio­nieren soll, ist inter­operabel, das heisst, dass vir­tuelle Güter platt­form­über­greifend ver­schoben werden können. Ferner soll es unlimi­tiert sein, also ohne Ober­grenze für die An­zahl gleich­zeitiger User sowie offen für alle. Weitere Merk­male, die oft genannt werden: de­zentral, drei­dimensional, synchron (für alle konsis­tent und in Echt­zeit) und persis­tent (läuft immer weiter).

Neue Serie: Gryps besucht innova­tive Schweizer KMUDas ist der zweite Teil der neuen Artikel­serie von Gryps. In den nächsten Wochen besuchen wir ver­schie­dene KMU, um ihr Erfolgs­modell zu ver­stehen. Wie hat sich das Unter­nehmen neu er­funden? Was ist der Business Case? Was sind Chancen und Risiken? Die Artikel er­scheinen jeweils am Donnerstag.

▶ Nächste Woche porträtieren wir die innova­tive Marketing­firma Converto.

▶ Das war Teil 1: Die Service­roboter von Arabesque

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Aktuell besteht das «Metaverse», sofern man überhaupt schon davon reden kann, aus ver­schie­denen Platt­formen und An­wendungen, die mittels erwei­terter oder vir­tueller Realität besucht und genutzt werden können. Et­liche Firmen weltweit unter­nehmen erste Schritte in der vir­tuellen Welt und ver­suchen, unter dem Slogan «Metaverse» einen An­wendungs­fall zu ent­wickeln, mit dem Geld ver­dient werden kann.

Auf den Spuren von Elon Musk?

Im Fall von IntelliHOME ist der Zweck der VR-Anwendung, ein Heim­kino eins zu eins nach­zubauen, was zu einem guten Kunden­erlebnis führt und damit den Um­satz ankurbelt. Win-Win also.

Mike Boch ist sichtlich stolz auf seine An­wendung, aber er betont, dass Innova­tion nicht vom Himmel falle: «Auch bei uns nicht. Die Techno­logie ver­ändert sich unglaublich schnell. Wer sich nicht laufend infor­miert, wird abge­hängt.» Ein hervor­ragendes Bei­spiel sei Elon Musk, den er in seiner damaligen Funk­tion als Gründer und Vize­präsident des Tesla Owners Clubs kennen­gelernt hat: «Ein irrer Typ, der aber beharrlich seinen Ideen folgt und stets den Menschen ins Zentrum der Techno­logie stellt.»

Anderen KMU rät Boch, sich eben­falls mit möglichen An­wendungs­fällen zu beschäf­tigen: «Die Chancen, die VR bietet, sind enorm. Doch denken Sie daran, eine Techno­logie zu ent­wickeln, die bereits beste­hende Bedürf­nisse der Kunden ab­deckt.» Die meisten Unter­nehmen machten den Fehler, zuerst eine Techno­logie zu ent­wickeln und erst dann die passenden An­wender dafür zu suchen: «Das ist ein Denk­fehler, dem ich schon häufig begegnet bin. Techno­logie soll das bereits existie­rende Leben ver­bessern, nicht umgekehrt.»

    Über IntelliHOME
    • Gegründet: 2004
    • Gründer und Geschäftsführer: Mike Boch
    • Mitarbeitende: 12
    • Website: intellihome.ch
    Das KMU mit Sitz in Baar im Kanton Zug ent­wickelt und instal­liert Smart-Home-Lösungen für eine gehobene Kund­schaft. Auch Home-Cinema-Anlagen sowie Projekte im Bereich Gebäude­automation gehören zum Port­folio. IntelliHOME reali­siert Projekte von der Planung über die Koordi­nation bis hin zur raum­gerechten Integration.

    Blick in den Showroom von IntelliHOME. (Bild: IntelliHOME)




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