Wahlen in der Schweiz: Die grosse KMU-Umfrage unter den sechs grössten Parteien

Am 22. Oktober 2023 werden National- und Ständerat neu gewählt. Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU? Und was sind mögliche Lösungen? Politiker der sechs grössten Parteien haben vier drängende Fragen von Gryps beantwortet.

Die Schweiz wählt – aber wen? Wir haben Vertreter von SVP, SP, FDP, Mitte, Grünliberale und Grüne gefragt, wie sie sich konkret für KMU einsetzen. (Bild: iStockPhoto)

Am 22. Oktober 2023 wählt die Stimmbevölkerung den National- und Ständerat neu. Gryps wollte von den sechs wählerstärksten Parteien wissen, wo sie die grössten Herausforderungen für den Schweizer Wirtschaftsstandort sehen und wie sie sich konkret für KMU einsetzen.

Damit Sie sich Ihre eigene Meinung bilden können, publizieren wir die Antworten auf die jeweils vier identischen Fragen ungekürzt und unbearbeitet.

SVP: «Unkontrolliertes Bevölkerungswachstum ist unter dem Strich schädlich für den Arbeitsmarkt, für den Sozialstaat, für die Umwelt und für die Gesellschaft»

  • Wähleranteil der SVP 2019: 25,59 Prozent
  • Parteipräsident: Marco Chiesa
  • Anzahl Unternehmerinnen oder Unternehmer im Parlament: 21 von 59


Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU?

Fachkräftemangel bekämpfen. Bürokratie abbauen. Verkehrsinfrastruktur sicherstellen.

Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

  1. Fachkräftemangel bekämpfen durch Stärkung der Berufsbildung. Wie die jüngste Vergangenheit zeigt, ist der Versuch, die immer grösser werdende Lücke an Fachkräften vor allem mit ausländischen Arbeitskräften zu füllen, massiv gescheitert. Obwohl die Schweiz seit 2002 um 1,5 Millionen Einwohner gewachsen ist und sich die Zahl der Grenzgänger verdoppelt hat, hat sich die Anzahl der offenen Stellen vervierfacht. Ursache dafür ist eine Endlosspirale. Denn zuwandernde Fachkräfte brauchen zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse wiederum Fachkräfte, beispielsweise im Spital, im Altersheim, bei der Spitex, in der Schule, in der Verwaltung, in der Logistik, im Bausektor oder in der Gastronomie. Unkontrolliertes Bevölkerungswachstum ist unter dem Strich schädlich für den Arbeitsmarkt, für den Sozialstaat, für die Umwelt und für die Gesellschaft: Ein Spiel ohne Grenzen und ein Teufelskreis.

    Das quantitative Wachstum kann nicht ewig so weitergehen. Stattdessen müssen wir auf ein qualitatives Wachstum setzen. Ein solches qualitatives Wachstum erreichen wir vor allem, indem wir unsere Jugendlichen vermehrt zu Fachkräften ausbilden und ältere, erfahrene Arbeitnehmende nicht durch billigere ausländische Arbeitskräfte ersetzen. Der beste und nachhaltigste Weg zur Bekämpfung des Fachkräftemangels liegt in der Stärkung unseres weltweit einzigartigen Berufsbildungssystems! Und in dem wir die Zuwanderung steuern – das heisst, im Ausland jene Fachkräfte rekrutieren, die die Wirtschaft wirklich benötigt. Die SVP ist die einzige Partei, welche für die selbständige Regulierung der Zuwanderung kämpft – das Stimmvolk hat die Masseinwanderungsinitiative (MEI) an der Urne angenommen. Nur weigern sich alle anderen Parteien, den Verfassungsauftrag umzusetzen. Daher hat die SVP kürzlich die Nachhaltigkeitsinitiative lanciert.

  2. Bürokratie abbauen durch Einsatz von digitalen Lösungen, massgeschneidert für KMU und den Abbau von Regulierungen.

  3. Verkehrsinfrastruktur sicherstellen durch Ausbau der Strasseninfrastruktur, damit die Staustunden und der damit verbundene volkswirtschaftliche Schaden in Milliardenhöhe endlich minimiert werden können (Verbunden mit der selbstständigen Steuerung der Zuwanderung!).

Wie setzt sich die SVP generell für KMU ein und weshalb?

Die SVP ist seit Jahrzehnten, seit es solche Erhebungen gibt, die wirtschafts- und gewerbefreundlichste Partei. Weshalb? KMU sind das Rückgrat, das Herz und der Motor unserer Wirtschaft. Sie garantieren Arbeitsplätze, Lehrstellen und Wohlstand. KMU sind als Herzstück der Berufsbildung einer der wichtigsten USP der Schweiz gegenüber dem Ausland.

Wir stellen uns eine Person vor, Unternehmerin, 45 Jahre, 6 Angestellte, kämpft mit Personalmangel und strukturellen Problemen. Warum soll diese Person am 22. Oktober Ihre Partei wählen?

Genau aus den obgenannten Gründen.

Die Fragen hat Lars Guggisberg,
Nationalrat aus dem Kanton Bern und
Direktor des Berner Gewerbeverbands,
schriftlich beantwortet.

SP Schweiz: «Wir wehren uns gegen die aktuelle Steuerpolitik, die Unternehmen, Grossaktionäre und Vermögende entlasten will»

  • Wähleranteil der SP 2019: 16,84 Prozent
  • Parteipräsidenten: Mattea Meyer und Cédric Wermuth
  • Anzahl Unternehmerinnen oder Unternehmer im Parlament: 5 von 47

Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU?

  1. Kaufkraft
  2. Klimawandel
  3. Fachkräftemangel

Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

Siehe die nachfolgenden Ausführungen unter Punkt 3 und 4.

Wie setzt sich die SP Schweiz generell für KMU ein und weshalb?

Die Kaufkraft in der Schweiz ist so stark unter Druck wie schon lange nicht mehr: Während die Gewinne der Grosskonzerne sprudeln, bleibt bei vielen Menschen am Ende des Monats immer weniger Geld übrig. Explodierende Krankenkassenprämien, steigende Miet- und Energiekosten sowie die allgemeine Inflation belasten das Portemonnaie der Bevölkerung stark. Gleichzeitig stagnieren Löhne und Renten. Wird das Geld bei den Menschen knapper, können sie entsprechend weniger konsumieren. Diese geschmälerte Kaufkraft ist nicht nur volkswirtschaftlich schädlich, sondern hat direkte Auswirkungen auf die KMU, die schon heute aufgrund des Ukrainekriegs, der internationalen Lieferketten-Probleme und der daraus resultierenden Teuerung vor grossen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen. Denn: über 60 Prozent unserer Wirtschaftsleistung kommt aus dem Konsum der privaten Haushalte. Deshalb setzt sich die SP dafür ein, dass die Kaufkraft der Menschen gestärkt wird und sich die Schweizer Wirtschaftspolitik wieder verstärkt an den Interessen der KMU orientiert, statt an jenen der börsenkotierten Grosskonzerne.

Mit Blick auf die dringend nötige Energiewende setzt sich die SP für den ökologischen Umbau im Inland ein – unter anderem mit ihrer Klimafonds-Initiative und ihrem klaren Ja zum Klimaschutz-Gesetz. Dieser Umbau wird entsprechende Investitionen in die Binnenwirtschaft auslösen, was in erster Linie auch den KMU zugutekommt.

Die KMU sind das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Darum hat sich die SP während der Corona-Krise, die viele KMU sehr hart getroffen hat und immer noch trifft, von Beginn weg für umfassende wirtschaftliche Begleitmassnahmen für das betroffene Gewerbe eingesetzt. Mit Erfolg: Dank den von der SP vorangetriebenen schnellen, unbürokratischen und fairen Hilfen konnten viele Konkurse, Arbeitsplatzverluste sowie Existenznöte verhindert werden.

Wir stellen uns eine Person vor, Unternehmerin, 45 Jahre, 6 Angestellte, kämpft mit Personalmangel und strukturellen Problemen. Warum soll diese Person am 22. Oktober Ihre Partei wählen?

Aus den obgenannten Gründen: Weil sich die SP dafür einsetzt, dass die Kaufkraft der Menschen in der Schweiz gestärkt wird. Weil die SP sich für eine faire Unternehmenssteuerpolitik einsetzt, die sich nicht nur nach den Interessen der Grosskonzerne richtet: Wir wehren uns gegen die aktuelle Steuerpolitik, die Unternehmen, Grossaktionäre und Vermögende entlasten will. Dafür bezahlen muss die Bevölkerung, aber auch die KMU – entweder durch Leistungsabbau, Einsparungen bei der öffentlichen Infrastruktur oder durch mehr Steuern und Abgaben.

Eine faire Steuerpolitik ist entscheidend, damit die Infrastruktur und der Service Public garantiert werden können, von dem gerade die KMU profitieren. Die SP setzt sich darüber hinaus für eine starke Bildungspolitik, staatlich finanzierte Kita-Plätze, mehr Gleichstellung, bezahlbare Mieten (zentral auch für viele KMU-Betriebe) und nicht zuletzt auch für existenzsichernde Mindestlöhne ein: In der Stadt Zürich z.B. sprachen sich auch zahlreiche KMU für den Mindestlohn- Kompromiss aus.

Die Fragen hat Cédric Wermuth,
Nationalrat aus dem Kanton Aargau und
Co-Präsident der SP, schriftlich beantwortet.

FDP: «Die Gesetzes- und Verordnungsflut schränkt unsere Freiheiten ein, die Schweiz ächzt unter Bürokratie, die Geld, Zeit und Nerven kostet»

  • Wähleranteil der FDP 2019: 15,11 Prozent
  • Parteipräsident: Thierry Burkart
  • Anzahl Unternehmerinnen oder Unternehmer im Parlament: 9 von 41

Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU?

  1. Fachkräftemangel
  2. Überregulierung und Angriffe auf die liberale Wirtschaftsordnung
  3. Gute bilaterale Beziehungen mit der EU

Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

Der Fachkräftemangel in der Schweiz wird sich aufgrund der hohen Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften, des anhaltenden Trends zur Akademisierung und langfristig infolge des demografischen Wandels weiter zuspitzen. Eine Modernisierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und des Arbeitsrechts sind notwendig. Die Anreize müssen so ausgestaltet sein, dass das Potenzial der Erwerbspersonen maximal ausgeschöpft werden kann: Hierzu zählen Massnahmen, die versuchen, Menschen länger im Arbeitsmarkt zu halten, Teilzeitpensen aufzustocken sowie in- und ausländisches Fachkräftepotenzial auszuschöpfen. Daneben muss das duale Berufsbildungssystem, das ein entscheidender Pfeiler des Erfolgsmodells Schweiz ist und für gut ausgebildete Fachkräfte sorgt, gestärkt werden.

Die Gesetzes- und Verordnungsflut schränkt unsere Freiheiten ein, die Schweiz ächzt unter Bürokratie, die Geld, Zeit und Nerven kostet. Um unsere Unternehmen vor unnötigen Regulierungskosten zu schützen, gibt es eine wirksame FDP-Lösung: die Regulierungsbremse. Analog der Schuldenbremse sollen damit Regulierungen, die Unternehmen besonders stark belasten würden, im Parlament einem qualifizierten Mehr unterstellt werden.

Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sind von herausragender Bedeutung. Die EU und ihre Mitgliedsländer sind unsere wichtigsten Handelspartner, und wir teilen eine gemeinsame Geschichte und Kultur. Gute und verlässliche Beziehungen sind daher äusserst wichtig für unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft. Der bilaterale Weg hat sich für beide Seiten als massgeschneiderte Option erwiesen. Für die FDP ist deshalb klar, dass der bilaterale Weg weiterzuentwickeln ist. Weder ein Beitritt zur EU, zum europäischen Wirtschaftsraum (EWR) noch der Rückbau der Beziehungen mittels eines Freihandelsvertrags sind gangbare Optionen. Für die Schweiz ist auch in Zukunft ein diskriminierungsfreier Zugang zum Binnenmarkt und eine geregelte Kooperation mit der EU essentiell.

Wie setzt sich die FDP generell für KMU ein und weshalb?

KMU sind das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft und sorgen für über 3 Mio. Arbeitsplätze. Sie brauchen in erster Linie gute Rahmenbedingungen und möglichst wenig bürokratische Einschränkungen. Zur Vereinfachung des administrativen Aufwands sollen die Behörden-Prozesse digitalisiert, die E-Government-Dienstleistungen ausgebaut und die E-ID rasch eingeführt werden. Ein Beispiel ist die digitale Unternehmensgründung, die durch die FDP ermöglicht wurde.

Wir stellen uns eine Person vor, Unternehmerin, 45 Jahre, 6 Angestellte, kämpft mit Personalmangel und strukturellen Problemen. Warum soll diese Person am 22. Oktober Ihre Partei wählen?

Die FDP ist die Partei der Anpacker und DIE Partei, die sich für die Anliegen der Wirtschaft und namentlich der KMU einsetzt. Zahlreiche Kandidierende der FDP kennen die KMU-Welt aus eigener Erfahrung: weil sie auch Unternehmen führen oder in engem Kontakt mit der KMU-Welt stehen. Höchstwahrscheinlich will die KMU-Unternehmerin nicht ein Rundum-Sorglos-Paket des Staates, sondern liberale Rahmenbedingungen, damit sie ihre Herausforderungen so bewältigen kann, wie es ihrem Unternehmen am besten dient. Dafür braucht sie Menschen im Parlament, die sie verstehen. Dafür braucht es mehr FDP.

Die Fragen hat Jon Albert Fanzun,
Generalsekretär der FDP, schriftlich beantwortet.

Die Mitte: «Wir müssen uns die Stärken des dualen Bildungssystems noch stärker zu Nutze machen»

  • Wähleranteil der CVP 2019: 11,38 Prozent (2021 fusionierte die CVP mit der BDP zur Mitte)
  • Parteipräsident: Gerhard Pfister
  • Anzahl Unternehmerinnen oder Unternehmer im Parlament: 4 von 42

Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU?

Die kommende Legislatur wird geprägt sein von vier zentralen Herausforderungen: Wie schaffen wir es, die Digitalisierung und künstliche Intelligenz so zu nutzen, damit wir zukünftig erfolgreich bleiben. Des Weiteren wird uns der Arbeitskräftemangel weiter beschäftigen. Ebenso wird die Frage nach der Unternehmensnachfolge eine immer wichtigere Bedeutung erhalten. Als Viertes, aber nicht minder wichtig wird sein, die KMU nicht noch mehr mit Administrativaufgaben zu belasten, so dass sie sich zu wenig auf die unternehmerischen Herausforderungen fokussieren können. 

Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

Wir müssen uns die Stärken des dualen Bildungssystems noch stärker zu Nutze machen und immer wieder auf die Vorteile dieses Bildungsweges hinweisen. Zur Stärkung der Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung ist – vor allem für ältere Berufstätige – mit einer Weiterbildungsoffensive zu begegnen, wobei dies durchaus von den entsprechenden Wirtschaftsverbänden anzustossen ist. Je mehr Prozesse wir automatisieren können, desto mehr Zeit bleibt den Menschen für kreatives und innovatives Arbeiten. Dort liegt die Stärke der Schweizer KMU und diese müssen wir erhalten. Betreffend die Unternehmensnachfolge wurde mit der Revision des Erbrechts ein erster Schritt getan. Zu prüfen wird sein, ob es noch weiterer Massnahmen bedarf, allenfalls im steuerlichen Bereich.

Wie setzt sich Die Mitte generell für KMU ein und weshalb?

Die Mitte setzt sich für eine Wirtschaftspolitik ein, die den Menschen ins Zentrum stellt. Denn der Mensch wird zur entscheidenden Ressource für die Zukunft. Wir engagieren uns dafür, dass den verändernden Arbeits- und Lebensmodellen und der damit verbundenen Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit besser Rechnung getragen wird. Gleichzeitig setzen wir uns für attraktive Standortbedingungen ein. Das beinhaltet eine nachhaltige Steuerpolitik, geringe Bürokratie, die Versorgungssicherheit und ein starkes duales Bildungssystem.

Wir stellen uns eine Person vor, Unternehmerin, 45 Jahre, 6 Angestellte, kämpft mit Personalmangel und strukturellen Problemen. Warum soll diese Person am 22. Oktober Ihre Partei wählen?

Die Mitte setzt sich für ein bedürfnisgerechtes Berufs- und Weiterbildungsangebot ein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig engagiert sich Die Mitte gegen Lohndumping und Schwarzarbeit, um faire Rahmenbedingungen für alle zu schaffen. Mit der Flexibilisierung des Arbeitsrechts arbeiten wir zudem darauf hin, dass die Anerkennung und Förderung von zukunftsfähigen Arbeitsmodellen ermöglicht wird. Zudem werden wir uns dafür einsetzen, dass administrative Prozesse durch Digitalisierung vereinfacht werden und dass nicht dauernd neue Administrativlasten dazukommen. 

Die Fragen hat Leo Müller,
Nationalrat aus dem Kanton Luzern,
schriftlich beantwortet.

Die Grünen: «Wir wollen gezielt KMU bei ihren Investitionen in klimafreundliche Technologien, Produktionsprozesse und nachhaltige Geschäftsmodelle unterstützen»

  • Wähleranteil der Grünen 2019: 13,20 Prozent
  • Parteipräsident: Balthasar Glättli
  • Anzahl Unternehmerinnen oder Unternehmer im Parlament: 2 von 33

Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU?

  • Ein sicherer Zugang zum europäischen Binnenmarkt.
  • Die Bewältigung des Fachkräftemangels.
  • Das Erreichen der Klimaziele und die sichere Versorgung mit erneuerbaren Energien.

Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

Der einfache und unbürokratische Zugang zum europäischen Binnenmarkt – fast die Hälfte der Schweizer Exporte geht in die EU – ist für viele Schweizer Unternehmen überlebenswichtig. Das gilt besonders für kleinere und mittlere Unternehmen, denn im Gegensatz zu grossen Konzernen haben sie meist keine eigene Niederlassung in einem der EU-Staaten. Sie sind auf einen Zugang zum EU-Binnenmarkt ohne Handelshemmnisse angewiesen. Doch dieser bröckelt, weil sich die Schweiz und die EU nicht auf gemeinsame Spielregeln einigen können. Wir GRÜNE setzen uns darum konsequent für bessere Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU ein, notfalls auch mit einer Volksinitiative.

Nur dank besseren Beziehungen mit der EU kann auch die Personenfreizügigkeit für die Zukunft gesichert werden. Das ist gerade für KMU entscheidend, denn heute ziehen netto jährlich rund 43'000 EU-Bürger*innen – in der Regel hochqualifizierte Fachkräfte – in die Schweiz. Ohne Personenfreizügigkeit wäre dies nicht möglich und der Fachkräftemangel würde sich nochmals verschärfen. Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, wollen wir GRÜNE die Berufslehre und die duale Bildungsstruktur stärken und Unternehmen, die in die Berufsausbildung investieren, unterstützen. Zusätzlich wollen wir auch Weiterbildungen und Umschulungen im Erwachsenenalter vereinfachen. Damit werden in Zukunftsbranchen mit einem grossen Bedarf an Fachkräften neue Berufsperspektiven ermöglicht. 

Die Erreichung der Klimaziele ist eine grosse Chance für unsere Gesellschaft, aber natürlich auch eine Herausforderung. Wir GRÜNE wollen darum gezielt KMU bei ihren Investitionen in klimafreundliche Technologien, Produktionsprozesse und nachhaltige Geschäftsmodelle unterstützen. Wir haben darum ein Bürgschaftsprogramm vorgeschlagen, welches für solche Investitionen vergünstigte Kredite an KMU vergibt. Der Nationalrat hat unserem Vorschlag bereits zugestimmt. Zur Erreichung der Klimaziele muss ausserdem genügend Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung gestellt werden. Wir schlagen daher zusätzlich zu den im letzten Jahr beschlossenen Massnahmen administrative Erleichterungen für den Zubau von Photovoltaik auf Infrastrukturbauten, Privat- und Gewerbeliegenschaften und im landwirtschaftlich genutzten Gebieten vor. Damit zukünftig auf jedem geeigneten Dach eine Solaranlage steht, lancieren wir ausserdem die Solar-Initiative. Schliesslich soll auch das Potential von Windkraft soll in Zukunft besser ausgeschöpft werden, und zusammen mit neuen Speichertechnologien so die Versorgung im Winter sicherstellen. 

Wie setzen sich die Grünen generell für KMU ein und weshalb?

Neben den oben erwähnten konkreten Herausforderungen setzen sich die GRÜNEN auch generell für gute Rahmenbedingungen ein. Dazu zählt beispielsweise die Rechtssicherheit und der Zugang zu hervorragend ausgebildeten Arbeitnehmer*innen dank ausreichend Investitionen in unseren Bildungsstandort. Durch die Förderung von familienergänzenden Tagesstrukturen und Kinderbetreuungsplätzen und einem Wechsel auf die Individualbesteuerung, sollen gezielt Erwerbsanreize für Familien gesetzt werden. Damit zukünftig beide Elternteile und insbesondere die gut ausgebildeten Frauen stärker am Arbeitsmarkt teilnehmen.  

Ausserdem setzen wir uns dafür ein, dass die Digitalisierung auch seitens der Verwaltung voranschreitet. Für KMU würde das E-Government viele Prozesse vereinfachen und administrative Erleichterungen bringen. Die neue staatliche E-ID ist die Grundlage dafür und geht auf einen Vorstoss des grünen Nationalrat Gerhard Andrey zurück.

Wir stellen uns eine Person vor, Unternehmerin, 45 Jahre, 6 Angestellte, kämpft mit Personalmangel und strukturellen Problemen. Warum soll diese Person am 22. Oktober Ihre Partei wählen?

Die GRÜNEN sind diejenige Partei, welche sich am dezidiertesten dem Fachkräftemangel annimmt: Wir setzen uns für bessere Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU – und damit für den Erhalt der Personenfreizügigkeit und des Zugangs der Schweizer Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt –, für mehr Investitionen in den Schweizer Bildungsstandort sowie für konkrete Massnahmen ein, um die Berufsausbildung zu stärken und auch Erwachsenen Weiterbildungen und Umschulungen in Zukunftsberufe zu ermöglichen.

Die GRÜNEN setzen sich ausserdem für einen schnellen Ausstieg aus fossilen Energien und einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Das ist nicht nur wichtig für die Bekämpfung der Klimaerhitzung, sondern sichert die Versorgung mit ausreichend, nachhaltigem und sicherem Strom für die Schweizer KMU. Das macht insbesondere auch KMU unabhängig(er) von den Preisanstiegen fossiler Rohstoffe, wie wir sie im Zuge des Kriegs in der Ukraine gesehen haben. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Umbau zu Netto-Null bietet sich zudem eine grosse Chance für Schweizer KMUs in der Clean-Tech-Branche, im Bau wie auch im Installationsgewerbe. Mit dem Einsatz der GRÜNEN sollen öffentliche Beschaffungen zudem das lokale Gewerbe stärker berücksichtigen und qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte beschaffen. Mit bezahlbaren Betreuungsstrukturen und einem zeitgemässen Steuersystem setzen wir schliesslich die richtigen Anreize, damit auch Mütter und Väter am Arbeitsleben teilnehmen können. 

Die Fragen hat Franziska Ryser, Vizepräsidentin der Grünen
und Nationalrätin aus dem Kanton St. Gallen,
 schriftlich beantwortet.

Die Grünliberalen: «Der Erhalt der Personenfreizügigkeit mit der EU ist zentral, damit ausländische Fachkräfte einfach und rasch bei den KMU arbeiten können»

  • Wähleranteil der GLP 2019: 7,8 Prozent
  • Parteipräsident: Jürg Grossen
  • Anzahl Unternehmerinnen oder Unternehmer im Parlament: 3 von 16

Was sind in der nächsten Legislatur die grössten Herausforderungen für Schweizer KMU?

  1. Das Gelingen der Klimawende in der Praxis, Hand in Hand mit der Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit.

  2. Die Sicherung und Weiterentwicklung der Bilateralen Verträge mit der EU, für hürdenfreie und optimalen Exportbedingungen.

  3. Die Bekämpfung von Bürokratie und des Arbeits- und Fachkräftemangels.

Wie können diese Herausforderungen bewältigt werden?

  1. Klimaschutz und Energiesicherheit gelingen mit der 4-E-Strategie der Grünliberalen, d.h. mit Effizienzmassnahmen, dem starken Ausbau der erneuerbaren Energien, einer Forschungs- und Ausbauoffensive bei Energiespeichern sowie mit einem Energieabkommen mit Europa.

  2. Im Verhältnis zur EU setzen sich die Grünliberalen für den Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens oder sonst den EWR-Beitritt ein.

  3. Die Bürokratie muss dank schlanken Gesetzen und durchgängiger Digitalisierung abgebaut werden. Zur Bekämpfung des Arbeits- und Fachkräftemangels muss einerseits das Potenzial im Inland besser ausgeschöpft werden. Dafür braucht es die richtigen Anreize. So etwa die Individualbesteuerung, damit ein Zweiteinkommen nicht «wegbesteuert» wird. Und bezahlbare Kitaplätze. Andererseits ist der Erhalt der Personenfreizügigkeit mit der EU zentral, damit ausländische Fachkräfte einfach und rasch bei den KMU arbeiten können (siehe vorangehenden Punkt). Auch braucht es ausreichend grosse Kontingente für Personen aus Drittstaaten.

Wie setzen sich die Grünliberalen generell für KMU ein und weshalb?

KMU sind das Rückgrat der Schweizer Volkswirtschaft und Treiber der Innovation. In der Schweiz gibt es erfreulich viele «Hidden Champions». Die Politik muss dafür sorgen, dass KMU die bestmöglichen Rahmenbedingen erhalten, um sich möglichst frei entfalten zu können.

Neben den bereits erwähnten wichtigen Themen wie Personenfreizügigkeit und Energieversorgung geht es beispielsweise um das Zähmen des Bürokratiemonsters, was eine Daueraufgabe ist. Ein wichtiger Hebel ist dabei unser Einsatz für unkomplizierte Online-Schalter der Verwaltung, und zwar bei Bund, Kantonen und in den Gemeinden.

Wir stellen uns eine Person vor, Unternehmerin, 45 Jahre, 6 Angestellte, kämpft mit Personalmangel und strukturellen Problemen. Warum soll diese Person am 22. Oktober Ihre Partei wählen?

Die Grünliberalen setzen sich dafür ein, Probleme an der Wurzel zu packen und sich nicht mit «Pflästerlipolitik» zufriedenzugeben. Dabei gehen wir pragmatisch und lösungsorientiert vor. Am Ende zählt nur das Ergebnis. Daher auch unser Wahlkampf-Motto: Mut zur Lösung!

Die Fragen hat Jürg Grossen, Parteipräsident
der GLP und Nationalrat aus dem Kanton Bern,
schriftlich beantwortet.

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