Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Schweizer KMU
Dass Starbucks, Coca Cola und Co. ihre Filialen in Russland schliessen mussten, ist bekannt. Doch wie wirkt sich der Krieg auf hiesige KMU aus? Vor allem Sanktionen wie der Swift-Ausschluss, Ausfuhrverbote oder Einschränkungen im Luftverkehr bekommen auch Schweizer KMU zu spüren. Bestimmte Branchen wie die Finanzbranche sind aber deutlich stärker betroffen als andere.
Drohender Energiemangel
Die Schweiz ist von Öl- und Gasimporten abhängig. Verhängt die EU bald ein Embargo gegen Russland und wird das Öl knapper und teurer, so droht ein Energiemangel. In diesem Zusammenhang kam die Frage auf, ob Bund und Kantone Anreize zum Energiesparen für die Bevölkerung sowie Unternehmen schaffen sollen. Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin erwähnte erstmals, dass der Bund die Schweiz bald bitten könnte, im Winter weniger zu heizen.
Beschränkungen des Handels aufgrund der Ein- und Ausfuhrverbote
Neben dem Swift-Ausschluss haben auch Ein- und Ausfuhrverbote Auswirkungen auf KMU. Vor der Übernahme des neuesten EU-Sanktionspakets am 27. April waren Schweizer KMU, die Zulieferer für europäische Produzentinnen und Produzenten sind, nur indirekt davon betroffen. Seit dem 27. April gelten die Ein- und Ausfuhrverbote aber auch in der Schweiz. So dürfen zum Beispiel keine Güter mehr importiert werden, die Russland oder Belarus wichtige Einnahmen bringen, oder solche exportiert werden, die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen könnten.
Betriebseinstellungen in Russland und der Ukraine
Manche Schweizer Firmen mit Standorten in Russland oder der Ukraine befürchten, ihren Betrieb einstellen zu müssen oder mussten dies bereits tun. Grund dafür sind nebst den Ein- und Ausfuhrverboten die stillstehende Produktion oder Sicherheitsgründe. Des Weiteren ziehen sich viele Schweizer KMU, die schon jahrelang Geschäfte mit Russland machen und nun stark von den Sanktionen betroffen sind, aus dem Land zurück und versuchen, so schnell wie möglich neue Märkte zu finden. Andere Unternehmen, darunter grosse Lebensmittelkonzerne wie McDonalds, Starbucks oder Coca Cola, haben ihre Filialen in Russland als Reaktion auf den Krieg geschlossen.
Umsatzeinbruch in der Tourismusbranche
Nachdem der Bundesrat die Sanktionen der Europäischen Union übernommen hat, zeigte sich der Schweizer Tourismus beunruhigt. Mit der Aussetzung des Visaabkommens mit Russland wird ein grosser Umsatzeinbruch befürchtet. Immerhin machen russische Gäste im Durchschnitt jährlich rund 2 % der gesamten Schweizer Übernachtungen aus. Russinnen und Russen entscheiden sich aber auch aus Angst vor möglichen Sanktionen dagegen, in die Schweiz zu reisen. Zudem haben einige Tourismusanbieter beobachtet, dass amerikanische und asiatische Reisende Europa aufgrund des Kriegs teilweise komplett meiden.
Leicht betroffen von den Sanktionen sind Reisebüros: Wegen des Flugverbots über Russland sowie russischer Flüge über Europa müssen viele Reiserouten angepasst werden.
Sinkende Wettbewerbsfähigkeit
Der Wertverfall des russischen Rubels hat zu einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit Schweizer Firmen in Russland geführt, da ihre Produkte für Russinnen und Russen dadurch zu teuer werden. Besonders davon betroffen sind die Lebensmittel- und Kosmetikbranche.
Schwierigkeiten im internationalen Zahlungsverkehr
Sehr stark von den Sanktionen betroffen sind Banken, Vermögensverwalterinnen und Vermögensverwalter. So hat eine im März durchgeführte Umfrage von economiesuisse ergeben, dass etwa jedes zweite befragte Finanzinstitut auf die Sperrung von Vermögen und den Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift reagieren musste. Auch in der Exportindustrie sind die Folgen der Finanzsanktionen spürbar: Schweizer Firmen können ihre Ware nicht mehr nach Russland liefern, da russische Unternehmen aufgrund des blockierten Zahlungsverkehrs nicht mehr dafür bezahlen können.
Indirekt von den Sanktionen betroffen ist die Pharmaindustrie, wo die Lieferung von Medikamenten in die Ukraine wegen der Schwierigkeiten im internationalen Zahlungsverkehr erschwert oder gar verunmöglicht wird.
Mögliche Entlastung in der Gastronomiebranche
Mit dem Schutzstatus S können Flüchtende aus der Ukraine direkt ab ihrer Ankunft beginnen zu arbeiten. Einige Gastronomiebetriebe sehen hier Potenzial: Geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, die in der Schweiz auf Arbeitssuche sind, könnten dem Personalmangel entgegenwirken, der seit Ausbruch der Pandemie noch stärker zugenommen hat. In Bern beispielsweise wird dazu bereits eine Onlineplattform sowie ein Einführungskurs für arbeitssuchende Flüchtende entwickelt.
Quellen:
- Medienmitteilung des Bundesrats: "Ukraine: Weitere EU-Sanktionen gegen Russland umgesetzt"
- Sanktionen treffen auch Schweizer Exporteure
- Westliche Lebensmittelriesen schliessen Filialen in Russland
- Schweizer Tourismus: Eine Branche konnte nur kurz aufatmen
- Umfrage: Der russische Krieg belastet die Schweizer Wirtschaft deutlich stärker als die Sanktionen
- Energie sparen: Schon ein Grad weniger heizen macht viel aus
- Können ukrainische Flüchtende Schweizer Gastrobetriebe entlasten?