Kein Monster: BILANZ-Briefing vom 13. Juni 2025

Jede Woche kommentiert BILANZ-Chefredaktor Dirk Schütz das aktuelle Wirtschaftsgeschehen – schlagfertig, klug und überraschend. Sie lesen seine Kolumne jetzt auch bei Gryps.

Verfasst von Dirk Schütz, Chefredaktor der BILANZ

 

Die Themen dieser Woche: KKS-Kante / Raiffeisen-Ingenieur / Basler Powercouple / Schlegel-Signal

 

Die Magie des geschriebenen Wortes entfaltet sich zuweilen an Satzzeichen. Es war die ehrwürdige NZZ, die am Montag nach dem CS-Untergangs-Wochenende titelte: «Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht.» Im Kommentar prägte sie dann den Ausdruck, den vor allem linke Regulierungs-Turbos für die neue UBS so gern benutzen: Monsterbank.

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Gut zwei Jahre später, nach den Maximal-Verkündungen der Finanzministerin und einstigen NZZ-Verwaltungsrätin Karin Keller-Sutter vom letzten Freitag, gönnte sich der NZZ-Chefredaktor Erik Gujer am Samstag eine wohltuende Philippika gegen die KKS-Kante – und demonstrierte die scharfe Kehrwende mit zwei subtilen Satzzeichen: Er setzte den Ausdruck «Monsterbank» in Anführungszeichen.

Da bleibt uns nur: Applaus. Die UBS, vor 20 Jahren nach Bilanzsumme noch unter den Top 3 der Bankenwelt, schafft es heute wenig monströs gerade knapp unter die Top 20. Der Umgang mit ihr ist da aus Sicht des Finanzplatzes  grob fahrlässig, wie wir an dieser Stelle mehrfach betont haben. Um nur einen Punkt herauszugreifen: Als Hauptgrund für die überzogenen Kapitalerhöhungen der Auslandstöchter nennen die Regel-Eiferer den vergleichsweisen grossen Anteil des UBS-Auslandsgeschäfts. Dabei zeigen einfache Recherchen: Bei europäischen Grossbanken wie HSBC oder Unicredit liegen die Auslandsanteile etwa genauso hoch, bei der spanischen Santander mit 83 Prozent sogar höher als bei der UBS. Doch niemand kommt auf die Idee, die Auslandstöchter mit 100 Prozent Eigenkapital-Unterlegung zu bestrafen.  Die Hardliner spendieren sich eine reputative Rückversicherung für ein allfälliges nächstes Banken-Desaster. Doch damit schwächen sie die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes. Muss man sich leisten können.

Wein, bitte

Es ist eine klassische Headhunter-Lösung: Mit der Mandats-Vergabe an die globalen Edel-Fahnder von Egon Zehnder gönnte sich Raiffeisen einen Hauch von grosser Welt – schliesslich ist die Genossenschafts-Gruppe ja die neue Nummer 2 des Finanzplatzes. Jetzt sitzt bald der Italo-Walliser Gabriel Brenna mit Mc-Kinsey-Vergangenheit auf dem Chefsessel. Wer will, kann Parallelen zum scheidenden Post-Chef Roberto Cirillo finden: Auch mit ihm hatte keiner gerechnet, auch er ist Ingenieur, auch er war bei McKinsey. 

Bleibt zu hoffen, dass Brenna länger bleibt als der Postchef. Genossenschafts-Stallgeruch verströmt er genauso wenig wie Cirillo Postfilialen-Charme, und im Hypo- und Firmenkredit-Geschäft hat der bisherige Private-Banking-Chef der Liechtensteinischen Landesbank keinerlei Erfahrung. Gewiss, das Wachstum soll in den nächsten Jahren über das Wealth Management kommen. Aber das ist bei Raiffeisen noch ein zartes Pflänzlein. Und hartes Mc-Kinsey-Effizienz-Denken ist in der bunten Gruppe mit 218 selbstbewussten Bankenchefs ein No Go – es braucht weinseliges Menscheln an der Basis, und das gilt bislang eher nicht als Domäne von Mc-Kinsey-Ingenieuren. Sagen wir es so: Es wird ein Kulturschock der besonderen Art.

Vas: Here to stay

Sein Abtritt schien nur eine Frage der Zeit. Dass der Novartis-Verwaltungsrat in den Tiefen der Corona-Krise nach einem Nachfolger gesucht hatte, war bei dem stolzen CEO Vas Narasimhan gar nicht gut angekommen, und mit dem Antritt des Präsidenten Giovanni Caforio in diesem Frühjahr standen die Zeichen bei dem Amerikaner auf Abschied: Zurück in die USA nach sieben Jahren an der Spitze. In Basel wohnt die Familie noch immer zur Miete. 

Doch jetzt wird seine bestens ausgebildete Frau Shrishti Gupta CEO der Biotech-Firma Idorsia und will sich einbürgern lassen, und der ältere Sohn Kabir Narasimhan spielt für die Schweizer U-19 ab Ende Juni bei der Basketball-Jugend-WM in Lausanne. Gewiss, der Job bei Idorsia bleibt eine Hoch-Risiko-Mission. Aber dennoch: Dass sich der Novartis-Chef wie im letzten Jahr nicht bei der Jahrespressekonferenz sehen lässt, dürfen wir für die Zukunft als unwahrscheinlich taxieren. Was den Kurs angeht, hat er vorgelegt: Der Novartis-Kurs stieg in den letzten zwei Jahren um mehr als 20 Prozent – Idorsia brach dagegen um 80 Prozent ein und bewegt sich nahe der Penny-Stock-Zone. Viel zu tun. Erstmal gilt für die Narasimhans: Here to stay. 


Nächste Woche: Schlegels Sommer-Auftritt

Es ist sein letzter grosser Auftritt vor dem Sommer, und die Frage lautet: Angreifen oder abwarten? Dass Nationalbank-Chef Schlegel im Dezember die Zinsen gleich um 0,5 Prozent gesenkt hatte, brachte ihm einige Giftpfeile ein. Jetzt preisen alle die 0,0 ein, aber bleibt er weiter wagemutig, liegen nächsten Donnerstag auch -0,25 drin.

Der Abstand ist rekordverdächtig gross: In den USA liegen die Zinsen weiter bei mehr als 4 Prozent, in der Eurozone bei zwei Prozent. Die tiefen Zinsen sind auch den üppigen Geldströmen zu verdanken, die unseren Banken gerade in der aktuellen angespannten Lage zufliessen. Die gesamte Schweizer Wirtschaft profitiert damit vom Finanzplatz. Damit das so bleibt, muss man ihn aber auch pflegen.

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