Der Kampf gegen die Energie­krise – mögliche Massnahmen im Über­blick

Blogbeitrag von Nathali Delavy

Die Energie­krise beschäftigt die Schweiz pausenlos. Als Antwort auf die zunehmend angespannte Lage schickte der Bundes­rat letzten Donnerstag einen Notfall­plan in Vernehm­lassung. Wie sehen die Mass­nahmen aus und welche sind für KMU relevant?

Vorbereitung auf einen schweren Winter

Mit Hinblick auf den Winter hat der Bund entschieden, verschiedene Mass­nahmen zu treffen, falls die Lage deutlich schlimmer wird. Am 23. November schickte der Bund Mass­nahmen für den Fall einer Strom­mangel­lage in Vernehm­lassung. Diese Mass­nahmen stellen eine Art «Notfallplan» dar, denn sie werden die Strom­versorgung regeln, sollten die bisher getroffenen Vorbereitungs­massnahmen nicht reichen. Dieser Notfall­plan beinhaltet sowohl Einschränkungen und Verbote für Privat­personen als auch für öffentliche Institutionen und Unter­nehmen. Die Mass­nahmen beginnen mit Komfort­ein­schränkungen und gehen im schlimmsten Fall zu ein­schneidenden Mass­nahmen wie Betriebs­schliessungen über.

Massnahmen im Überblick – welche sind für KMU relevant?

Der Notfallplan des Bundes ist in Eskalations­schritte aufgeteilt, damit das Ausmass an Einschränkungen und Verboten schritt­weise erhöht werden kann. Reichen diese Beschränkungen und Verbote nicht aus, können End­verbraucher mit einem Jahres­verbrauch von mindestens 100 MWh kontingentiert werden. Der absolute «worst case» wäre der Einsatz von Netz­abschaltungen. 

Auch wenn die Versorgung zurzeit noch gewährleistet ist, können Eng­pässe nicht ausgeschlossen werden. Darum ist es für KMU jetzt schon wichtig, sich mit den möglichen Einschränkungen auseinanderzusetzen. Wir haben die möglichen Mass­nahmen, welche viele Unter­nehmen betreffen würden, für Sie zusammen­gefasst:


Eskalations­schritt 1

Der erste Schritt beinhaltet unter anderem diese Beschränkungen:

  • Öffentlich zugängliche Räume, die über­wiegend mit elektrischer Energie gewärmt werden, dürfen auf max. 20 °C geheizt werden.
  • Die Verwendung von elektrischen Beleuchtungen zu Werbe­zwecken ist zwischen 23 und 5 Uhr verboten.
  • Gewerbliche Nutzung von Wäschetrocknern, Bügeleisen und Wäsche­mangeln ist auf maximal zwölf Stunden pro Tag beschränkt.
  • Getränke­kühler im Detailhandel dürfen nicht mit Temperaturen von unter 9 °C betrieben werden (verderbliche Getränke ausgenommen).
  • Privat und gewerblich genutzte Kühl­schränke und Gefriermöbel dürfen nicht unter 6 °C bzw. -20 °C gekühlt werden (ausgenommen den Temperaturvorschriften des Lebensmittelrechts). 
  • Die gewerbliche Verwendung von Bild­schirmen und Beamern zu Werbe­zwecken ist zwischen 23 und 5 Uhr verboten
  • Umschlagzentren und Lager dürfen auf höchstens 19 °C geheizt werden.

Der erste Schritt umfasst ausserdem Verbote, welche die Verwendung von Elektrizität für diese Zwecke untersagen:

  • Betrieb von Komfort­heizungen im Aussen­bereich (bspw. Heizpilze)
  • Aussen- und Anstrahl­beleuchtungen von Gebäuden, Gärten und Privat­wegen (sofern diese nicht aus Sicherheits­gründen notwendig sind)
  • Beleuchtung in Räumen, in denen sich keine Personen aufhalten (exkl. Not­beleuchtung)
  • Elektronische Geräte ausserhalb der Geschäfts­zeiten (ausgenommen  Kassen­logistik und system­relevante IT-Infra­struktur)


Eskalations­schritt 2

Die wichtigsten Beschränkungen des zweiten Schrittes sind:

  • Öffentlich zugängliche Räume, die über­wiegend mit elektrischer Energie gewärmt werden, dürfen auf max. 19 °C geheizt werden.
  • Die gewerbliche Nutzung von Wäsche­trocknern, Bügel­eisen und Wäsche­mangeln ist auf maximal neun Stunden pro Tag beschränkt.
  • Die Heizung in gast­gewerblichen Küchen muss auf der niedrigsten Stufe eingestellt oder sogar ganz ausgeschaltet sein.
  • Privat und gewerblich genutzte Kühl- und Gefriermöbel dürfen nicht unter -19 °C gekühlt werden (ausgenommen sind Temperatur­vorschriften des Lebens­mittelrechts). 
  • Wird Warmwasser überwiegend mit elektrischer Energie erzeugt, so darf das Wasser auf maximal 60 °C erwärmt werden.
  • Rechenzentren und Server­räume dürfen nicht unter 25 °C gekühlt werden.

Schritt 2 beinhaltet Verbote, welche die Verwendung von Elektrizität für diese Zwecke verbieten:

  • Verwendung von Bildschirmen und Beamern zu Werbe­zwecken
  • Beleuchtungen zu Werbezwecken (ausgenommen Firmen­logos zu Geschäfts­zeiten)
  • Festtags- und andere Dekorations­beleuchtungen im Aussen­bereich
  • Betrieb von Getränke­kühlern, Eis­maschinen und Teller- und Tassen­wärmern
  • Betrieb von Rolltreppen und Fahrsteigen (ausser es gibt keine andere Zugangs­mög­lichkeit) 


Eskalationsschritt 3

Der dritte Eskalationsschritt umfasst diese Beschränkungen:

  • Öffentlich zugängliche Räume, die überwiegend mit elektrischer Energie gewärmt werden, dürfen auf max. 18 °C geheizt werden.
  • Laden­öffnungs­zeiten müssen um [1-2 Stunden]* gekürzt werden.
    * Da die Massnahmen erst beim Einsatz voll­ständig definiert werden, ist hierzu noch keine geltende Richtlinie gegeben.
  • Die gewerbliche Nutzung von Wäschetrocknern, Bügel­eisen und Wäsche­mangeln ist auf max. acht Stunden pro Tag beschränkt.

Der dritte Schritt beinhaltet Verbote, die die Verwendung von Strom zu diesen Zwecken untersagen:

  • Mining von Krypto­währungen und Hoch­frequenz­handel
  • Disco­beleuchtung und Nebel­anlagen in Clubs und Disko­theken


Eskalationsschritt 4

Der vierte Eskalations­schritt beinhaltet nur Verbote. Diese betreffen die Verwendung von Elektrizität zu folgenden Zwecken:

  • Betrieb von Freizeit- und Vergnügungs­parks, Spiel­hallen, Casinos, Disko­theken und dergleichen
  • Öffentliche Aufführung von Kultur­veranstaltung (sofern diese Elektrizität benötigen)
  • Betrieb von Schnee­sport­anlagen und Beschneiungs­anlagen 

Ob und wann Aspekte der Verordnung in Kraft treten werden, wird vom Bundes­rat entschieden. Aktuelle Infor­mationen sind immer auf dem Portal der Regierung auf der Unter­seite «Energiekrise» zu finden. Ausserdem werden die neusten Medien­mit­teilungen des Bundes hier publiziert.

Ablauf der Mass­nahmen – wie geht es weiter? 

Der Bundesrat hat bereits viele Vorkehrungen gegen die angespannte Strom­versorgung getroffen. Es wurden Wasser­kraft­reserven gebildet, Verträge für Reserve­kraftwerke unter­schrieben und die Spannung des Übertragungs­netzes erhöht. Sollte sich jedoch die Strom­mangel­lage deutlich ver­schlechtern, kommt der oben erwähnte Not­fall­plan zum Einsatz. Die Verordnung, sprich der Not­fall­plan, wurde bis zum 12. Dezember 2022 in eine verkürzte Vernehm­lassung geschickt.

Der Plan des Bundes ist so aufgebaut, dass die Mass­nahmen an die Situation angepasst und schrittweise eingeleitet werden können (siehe unten stehende Grafik). Bei einer unmittelbar drohenden Mangel­lage werden zuerst dringliche Sparappelle an Strom­verbraucher gerichtet. Gleich­zeitig können die Beschränkungen und Verbote an die Situation angepasst in Kraft treten. Eskaliert die Mangel­lage trotz Verbote und Beschränkungen weiter, so kommen zuerst Kontingentierungen und später Netz­abschaltungen zum Ein­satz. 


Bild: Schweizerische Eidgenossenschaft, 2022

Es lässt sich also ein klares Fazit ziehen: Je konsequenter jetzt Strom gespart wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Schweiz stärkere Einschränkungen und Verbote oder sogar Kontingentierungen und Netzabschaltungen vermeiden kann. 

Wie kam es zur Energiekrise in der Schweiz?

Kurz nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hat die Europäische Union und die Schweiz mehrere Sanktionen gegen Russ­land verhängt. Russ­land drehte im Gegen­zug den Gas­hahn zur Europäischen Union zu. Infolge­dessen ist die Versorgungs­lage Europas in Bezug auf Gas angespannt. Das gilt besonders auch für die Schweiz, da die Schweiz aufgrund mangelnden Erd­gas­vorkommen auf Gas­importe angewiesen ist. Davon kamen bisher die Hälfte von Russ­land. 

Auch beim Strom ist die Schweiz auf Importe angewiesen:  Nur magere 28.1% des Stroms wird hier­zu­lande produziert. Die Anspannung der Gas­versorgungs­lage verschärft auch Strom­versorgungs­lage, denn Europa produziert ein Teil ihres Stroms mit Gas­kraft­werken. Es gilt also, spart die Schweiz Strom, so spart sie auch Gas. 

Die Drosselung Russlands Gas­zufuhr ist jedoch weit nicht der einzige Grund, warum wir in einer zunehmend ernsteren Energie­krise geraten. Der generelle Preis­anstieg von Energie, die durch Dürre verursachte Reduktion von Wasser­reserven und die Abschaltung von ca. 50% der Atom­reaktoren in Frank­reich sind mitunter schuld an der angespannten Lage. 

Quellen:

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